CLLC Resonant Converter für Hybrid-Inverter: Warum der DC/DC-Wandler zur Achillesferse wird
98% Wirkungsgrad versprochen – aber was bleibt in der Praxis? 📊
Als Entwickler von Hybrid-Invertern sehe ich immer wieder das gleiche Muster:
Die Leistungselektronik für PV und Grid? Funktioniert hervorragend. Das Batterieinterface? Hier beginnen die Probleme.
Der bidirektionale DC/DC-Wandler wird zum Flaschenhals – nicht nur bei der Effizienz, sondern auch bei Zuverlässigkeit und EMV.
Das unterschätzte Bauteil 🔋
Während alle über MPPT-Algorithmen und Netzintegration sprechen, fristet der DC/DC-Wandler ein Schattendasein.
Dabei entscheidet er über:
✅ Systemwirkungsgrad: Jeder Durchgang Laden/Entladen kostet 5-10% Energie
✅ Batterielebensdauer: Stromrippel und Übergangsverhalten beeinflussen die Alterung massiv
✅ Systemkosten: Thermisches Management für Verlustleistung treibt die BOM in die Höhe
Was ist ein CLLC Resonant Converter? 🤔
Bevor wir in die Probleme eintauchen, kurz zur Topologie selbst:
Die Grundidee
Ein CLLC ist ein resonanter DC/DC-Wandler mit zwei Resonanzinduktivitäten (L) und zwei Resonanzkondensatoren (C) – daher der Name: C-L-L-C.
Im Gegensatz zum klassischen LLC (der nur in eine Richtung effizient arbeitet) ist der CLLC perfekt symmetrisch aufgebaut.
Das Funktionsprinzip ⚡
Statt mit fester Frequenz hart zu schalten (wie bei Buck/Boost), arbeitet der CLLC mit variabler Frequenz nahe der Resonanzfrequenz des LC-Kreises.
Die Energie schwingt quasi sinusförmig zwischen Primär- und Sekundärseite hin und her.
Der Clou: Zero-Voltage-Switching (ZVS) 💡
Durch die Resonanz schaltet man die MOSFETs genau dann, wenn die Spannung über ihnen null ist.
Das bedeutet:
- Nahezu keine Schaltverluste
- Minimale EMV-Emission
- Höhere Schaltfrequenzen möglich (= kleinere Bauelemente)
Bidirektionalität von Natur aus ↔️
Anders als bei LLC funktioniert die Energieübertragung in beide Richtungen gleich gut – perfekt für Batterieapplikationen, wo man ständig zwischen Laden und Entladen wechselt.
Leistungsregelung über Frequenz 📈
Die übertragene Leistung wird durch die Abweichung von der Resonanzfrequenz gesteuert:
- Näher an Resonanz = mehr Leistung
- Weiter weg = weniger Leistung
- In beide Richtungen symmetrisch
Warum CLLC? Die Theorie klingt verlockend ✨
Diese Eigenschaften versprechen:
🎯 Zero-Voltage-Switching (ZVS) über den gesamten Last- und Spannungsbereich
🎯 Hohe Leistungsdichte durch Hochfrequenzbetrieb (>100 kHz)
🎯 Bidirektionalität ohne zusätzliche Schaltungen oder Asymmetrien
🎯 Soft-Switching = minimale EMV-Probleme
🎯 Theoretisch >98% Wirkungsgrad möglich
Der Reality-Check: 98% vs. Praxis ⚠️
In wissenschaftlichen Veröffentlichungen werden tatsächlich Spitzenwirkungsgrade von 98% und höher dokumentiert – allerdings unter Idealbedingungen:
- Exakt bei Resonanzfrequenz
- Nennlast (nicht Teillast!)
- Optimaler Batteriezustand (50% SoC, 25°C)
- Nach präziser Kalibrierung jedes einzelnen Systems
In der Serienfertigung und im Feldeinsatz sieht es anders aus:
- Durchschnittlicher Wirkungsgrad über alle Lastpunkte: 95-96%
- Bei Teillast (<20%): 90-93%
- Bei ungünstigen Temperaturen: 92-94%
- Nach 2-3 Jahren Betrieb und Bauteilalterung: -1 bis -2%
Die brutale Realität der Implementierung 😰
Doch zwischen Simulation und Serienproduktion liegen Welten:
1️⃣ Toleranzen töten die Resonanz
Die Güte Q des Resonanzkreises ist extrem empfindlich. Fertigungstoleranzen der Induktivitäten (±10-15%) führen zu:
❌ Verschiebung des optimalen Arbeitspunkts ❌ Verlust des ZVS bei Teillast ❌ Notwendigkeit aufwändiger Kalibrierung in der Produktion
Problem konkret: Ihre sorgfältig berechnete Resonanzfrequenz von 100 kHz wird zu 95 kHz oder 105 kHz. Der Converter arbeitet dann permanent außerhalb des optimalen Bereichs.
2️⃣ Der Transformator wird zum Kostentreiber 💰
Anders als beim klassischen LLC brauchen wir hier:
- Zwei präzise abgestimmte Resonanzinduktivitäten (Primär und Sekundär)
- Sehr enge Toleranzen (±5% statt Standard ±15%)
- Präzise magnetische Kopplung (k >0.99)
- Geringe Streuinduktivität für hohen Wirkungsgrad
Resultat: Custom-Trafo statt Standardbauteil = 3-5x höhere Kosten
3️⃣ Steuerung ist nicht trivial 🎛️
Die Frequenzsteuerung eines CLLC erfordert:
- Schnelle DSPs oder FPGAs für präzise Timing-Kontrolle (<10 ns Auflösung)
- Adaptive Algorithmen für unterschiedliche Betriebspunkte (Batteriezustand, Temperatur)
- Burst-Mode für Standby (sonst frisst die Steuerung mehr als gespart wird)
- Deadtime-Optimierung in Echtzeit
Die Herausforderung: Ein simpler PI-Regler reicht nicht. Sie brauchen ein nichtlineares Modell des Resonanzverhaltens.
4️⃣ Das EMV-Desaster bei asymmetrischen Lasten 📡
Sobald die Batterie nicht mehr perfekt symmetrisch reagiert (kalter Start, hoher SoC, Alterung):
⚠️ Resonanzkreis wird verstimmt ⚠️ Hard-Switching-Events treten auf ⚠️ Stromspitzen bei jedem Schaltvorgang ⚠️ EMV-Filter müssen massiv überdimensioniert werden
Real-World-Beispiel: Bei -10°C Batterietemperatur steigt der Innenwiderstand um Faktor 2-3. Ihre perfekt abgestimmte Resonanz ist dahin.
Alternative: Der pragmatische Weg? 🛠️
Viele setzen deshalb auf:
🔹 Dual Active Bridge (DAB) mit Phase-Shift-Modulation → Robuster, aber 2-3% weniger Wirkungsgrad
🔹 Interleaved Buck/Boost mit SiC → Einfacher, bewährt, aber höhere Schaltverluste
🔹 Hybrid-Ansätze → CLLC für Nennlast, Bypass für Teillast
Mein Fazit 🎯
CLLC Resonant Converter sind nicht die universelle Lösung für Hybrid-Inverter.
Sie glänzen in Hochleistungssystemen (>10 kW), wo sich der Engineering-Aufwand lohnt.
Für den Massenmarkt bleiben sie eine Herausforderung.
Die Frage ist nicht “CLLC oder nicht?”, sondern “Für welchen Anwendungsfall rechtfertigt der Effizienzgewinn die Komplexität?”